Die Warenkreditversicherung im Check
Bei vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist nicht nur in Corona-Zeiten eine Sorge immer präsent: was tun, wenn die Geschäftspartner die Rechnungen nicht mehr bezahlen können? Denn wird eine Rechnung zu spät oder gar nicht bezahlt, kann das schwerwiegende Auswirkungen haben. Je nach Höhe der ausstehenden Forderung kann ein Unternehmen in seiner Liquidität oder sogar in der eigenen Existenz bedroht sein. Teilen Sie diese Sorge? Dann könnte eine Warenkreditversicherung eine sinnvolle Option für Sie sein.
Was ist eine Warenkreditversicherung?
Unternehmen bieten bei einem Großteil ihrer Geschäfte mit Firmenkunden Lieferantenkredite an. Dieses Vorgehen ist in der Wirtschaft üblich und wird sehr häufig vom Kunden für den Abschluss des Liefervertrages auch eingefordert. Dabei besteht jedoch immer das Risiko, dass der Kunde die Lieferung im Nachhinein nicht bezahlt und der Lieferant auf den entstandenen Kosten sitzenbleibt. Für den Lieferanten kann das ebenfalls dazu führen, dass er seinerseits offene Forderungen nicht begleichen kann. Denn in der Regel hat er die Zahlung des Kunden fest in seine Liquiditätsplanung eingebunden. Genau an dieser Stelle setzt die Warenkreditversicherung an.
Warenkreditversicherungsverträge bieten dem Lieferanten also die Absicherung dieses Forderungsausfallrisikos. Leistet ein Kunde des vorleistenden Unternehmens verzögert oder gar nicht, bietet ein zuvor abgeschlossener Kreditversicherungsvertrag Sicherheit. Der Kreditversicherer erstattet dem Versicherungsnehmer die ausgefallene Forderung in der zuvor vereinbarten Höhe.
Für wen eignet sich die Warenkreditversicherung?
Die Versicherung eignet sich für Unternehmen aller Art, wie beispielsweise kleine und mittelständische Produktions- und Dienstleistungsbetriebe, Selbstständige oder auch Freiberufler. Besonders gefährdet vom Forderungsausfall sind dabei Unternehmen mit wenigen (Groß-)Kunden, Unternehmen, die an konjunktursensible oder generell risikobehaftete Branchen liefern und Betriebe, die für die Produktion oder Erbringung einer Dienstleistung in große finanzielle Eigenleistung gehen. Im Prinzip ist die Warenkreditversicherung aber für jeden Unternehmer sinnvoll, der finanziell uneingeschränkt handeln will.
Ablauf des Versicherungsfalls
Verträge zur Warenkreditversicherung kombinieren in der Regel verschiedene Finanz- und Versicherungsdienstleistungen miteinander. Zunächst überprüft der Kreditversicherer dabei die Bonität der Kunden des versicherten Unternehmens. Fällt die Bonitätsprüfung positiv aus, erteilt der Versicherer ein bestimmtes Limit. Bis zu dieser Höhe sind Lieferungen an den Kunden ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses versichert.
Damit der Versicherungsfall eintritt, muss der Lieferant zunächst ein Mahnverfahren gegen den Schuldner einleiten. Ist dieses nicht erfolgreich, wird das Forderungsinkasso an den Kreditversicherer übertragen. Dieser versucht anschließend seinerseits, die Forderung innerhalb einer bestimmten Frist einzutreiben. Sollte auch die Versicherungsgesellschaft keinen Erfolg haben, zahlt sie dem Versicherungsnehmer zwischen 75 und 90 Prozent der Nettoforderung.
Schadenbeispiele
Schadenbeispiel 1: Insolvenz als Risiko für Handwerker
Das Gartenbauunternehmen “Garten Müller“ erhält den Auftrag, den Parkplatz eines Spielzeugladens neu zu pflastern. Der Kunde überweist zwar die vereinbarte Vorauszahlung und die erste Rate, aber der fehlende Restbetrag von 5.000,00 € bleibt trotz Mahnung offen. Auf Nachfrage erfährt das Gartenbauunternehmen vom Insolvenzverwalter, dass der Spielzeughändler zahlungsunfähig ist.
Schaden: 5.000,00 €
Versicherer zahlt: 3.700,00 €
Schadenbeispiel 2: Insolvenz als Risiko für Dienstleister
Der Werbegrafiker Michael D. betreut ein Ingenieurbüro. Er erhält vom Ingenieurbüro den Auftrag, ein neues Logo und neue Geschäftsunterlagen zu entwickeln. Das zufriedene Ingenieurbüro nimmt die Arbeit ab, jedoch geht auch 4 Wochen nach Rechnungsstellung kein Geld beim Werbegrafiker Michael D. ein. Grund: Das Ingenieurbüro musste wegen ausbleibender Aufträge Insolvenz anmelden.
Schaden: 3.500,00 €
Versicherer zahlt: 2.630,00 €
Tipps zum Abschluss einer Warenkreditversicherung
- Beim Abschluss einer Warenkreditversicherung sollten Sie besonders darauf achten, dass die Versicherung neben der Insolvenz auch eine Nichtzahlungsdeckung (protracted default) beinhaltet.
- Schauen Sie zudem darauf, dass die Police Schutz vor Forderungsausfall im In- und im Ausland bietet.
- Je nach individueller Situation kann eine integrierte Rechtsschutzdeckung bei bestrittenen Forderungen sinnvoll sein, die unter anderem auch kostenlose Rechtsberatung oder die Kostenübernahme im Rahmen von Mediationen beinhalten kann.
- Vor dem Abschluss einer Warenkreditversicherung sollte zudem eine genaue Abgrenzung zu anderen, ähnlichen Versicherungen vorgenommen werden, damit auch tatsächlich die individuell beste Versicherungslösung gewählt wird.
- Zur Auslotung des individuellen Bedarfs, vor allem im Hinblick auf das Risikopotenzial und die Berechnung der ausreichenden Deckungssumme, sind Sie mit dem Fachwissen eines Versicherungsexperten im gewerblichen Bereich gut beraten. Da eine Warenkreditversicherung ganz unterschiedlich ausgestaltet werden kann, ist für den optimalen Zuschnitt auf Unternehmen eine umfassende Beratung zwingend erforderlich.
Die Warenkreditversicherung ist für Lieferanten ein wichtiges Mittel zum Transfer von Forderungsausfallrisiken. Ohne den Transfer der Risiken wären Forderungsausfälle für Lieferanten oftmals existenzbedrohend. Daher sind Warenkreditversicherungsverträge ein wichtiges Instrument, um den Wirtschaftskreislauf aufrechtzuhalten. Momentan nehmen noch alle Versicherer Neugeschäft im Rahmen der Warenkreditversicherung an. Angesichts der dynamischen Situation rund um das Corona-Virus kann sich dies allerdings ändern. Sollten Sie also Bedarf haben, kommen Sie am besten zeitnah auf uns zu. Wir beraten Sie gerne.
Die Autorin:
Annika Vollmer ist Fachwirtin für Versicherungen und Finanzen (IHK), Technischer Underwriter (DVA) und hat bereits ihre Ausbildung zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen beim EVK absolviert. Seit 2014 betreut sie Industrie- und Gewerbeunternehmen und ist zudem Ansprechpartnerin für Dienstleister im Bereich Erneuerbare Energien.
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