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Power Purchase Agreements (PPAs) im Check

veröffentlicht um 9:02 am 1. März 2022

Die Vermarktung von grünem Strom über sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs) ist im Erneuerbare Energien-Sektor zurzeit in aller Munde. Da es sich allerdings um ein sehr komplexes Themenfeld handelt, nehmen wir es in diesem Blogbeitrag mal genauer unter die Lupe. Darin finden Sie Antworten auf Fragen wie: Was ist ein PPA-Vertrag? Wie ist die Marktsituation in Deutschland? Für welche Anlagen sind PPA-Verträge interessant? Welche Arten von PPAs gibt es? Welche Bestandteile und Besonderheiten gilt es zu beachten? Los geht’s…

Vertrag PPAWas ist ein PPA-Vertrag?

Bei einem PPA-Vertrag handelt es sich um einen bilateralen Stromliefervertrag, der zwischen einem Verkäufer (Anlagenbetreiber) und einem Käufer (Stromabnehmer bspw. Energieversorger oder industrieller Großverbraucher) abgeschlossen wird. Die Laufzeiten können hier variieren. In der Regel sind Laufzeiten bis zu 10 Jahren zu finden.

Wie ist die Marktsituation in Deutschland?

keine EEG-FörderungIn Ländern ohne EEG-Förderung wie beispielsweise den USA, süd- oder nordeuropäischen Ländern oder England waren Betreiber von EE-Anlagen früh gezwungen, PPA-Verträge abzuschließen. In Deutschland dagegen erreichen diese erst seit ca. drei bis vier Jahren langsam die Marktreife. Dies hat natürlich primär mit der vorhandenen EEG-Förderung zu tun. Allerdings gibt es auf dem deutschen Markt einige Faktoren, die das Thema PPA nun deutlich vorantreiben:

Zum einen wurde in 2018 das System der Ausschreibung bei EEG-Anlagen eingeführt, was zusätzliche Anreize gebracht hat, PPA-Verträge abzuschließen. Darüber hinaus mussten alle Neuanlagen in die Direktvermarktung. Zum anderen gibt es seit 2021 viele ungeförderte Anlagen auf dem Markt, vor allem im Windbereich, die einen Anschlussvertrag für eine Vergütungsform benötigen. Dadurch, dass Ende 2021 auch noch die Börsenstrompreise für Grünstrom angezogen haben, ist eine weitere Dynamik entstanden. Nicht zuletzt sind PPA-Verträge auch für Anlagen interessant geworden, die auf nicht förderfähigen Flächen gebaut werden. Dazu zählen Konversionsflächen wie Deponien oder Militärgelände.

Windenergieanlage in BauphaseFür welche Anlagen sind PPA-Verträge interessant

PPA-Verträge können sich sowohl für Neuanlagen als auch für Bestands- und Post EEG-Anlagen eignen. Für ausgeförderte Anlagen ist es unproblematisch, ein PPA abzuschließen. Dies gilt ebenso bei großen Unternehmen, die keine Finanzierung in Anspruch nehmen. Bei Neuanlagen allerdings, die über eine Bank finanziert werden, ist eine frühzeitige Abstimmung zwischen Projekt- und Anlagenbau und Bank zwingend erforderlich. Denn die Bank hat natürlich ein großes Interesse an einer gesicherten Refinanzierung.

Welche Arten von PPAs gibt es?

Man unterscheidet im Großen und Ganzen vier Arten von PPAs:

Grafik Erklärmodell On-site PPAOn-site PPAs (Corporate-PPAs):

Hier besteht eine Direktleitung (Kabel) zwischen Erzeuger und Abnehmer. Voraussetzung für dieses Modell der direkten physischen Stromlieferung ist räumliche Nähe. Der Betreiber errichtet seine Anlage also direkt auf dem Gelände des Abnehmers, oder in unmittelbarer Nachbarschaft. Vorteilhaft ist dabei, dass die Netzentgelte minimiert werden bzw. frei vereinbart werden können.

Grafik Erklärmodell Off-site PPA Sleeved PPAOff-site PPAs (Utility-PPAs):

Hier besteht keine direkte Stromlieferung zwischen EE-Anlage und Verbraucher. Die Lieferung erfolgt vielmehr über das öffentliche Netz. Der PPA-Vertrag regelt dabei die Vereinbarung über die bilanzielle Abnahme. Räumliche Nähe zwischen Lieferant und Abnehmer ist nicht erforderlich. Dadurch fallen jedoch Netzentgelte an und es besteht volle Besteuerung.

Grafik Erklärmodell Off-site PPA Sleeved PPASleeved PPAs:

Dabei handelt es sich um eine Sonderform einer Off-site PPA. Auch hier erfolgt keine direkte Stromlieferung. Vielmehr wird ein Energiedienstleister zwischengeschaltet, der sowohl die Rolle des Dienstleisters als auch die eines Zwischenhändlers von Verbraucher und Anlagenbetreiber übernimmt. Der Lieferprozess wird über einen Bilanzkreis abgewickelt.

Grafik Erklärmodell Synthetic PPASynthetic PPAs (auch financial PPAs):

Bei dieser Form findet keine physische Lieferung des Stroms statt, sondern nur eine virtuelle. Der Handel des Stroms erfolgt über die Börse, wobei die Marktpreise des Stroms vertraglich abgesichert werden. Darüber hinaus ist die Eigenschaft des Stroms über Herkunftsnachweise gekennzeichnet.

Wie erfolgt die Preisfindung von PPA-Verträgen?

Ausgangspunkt ist der durchschnittliche Preis der jeweils einschlägigen Jahreslieferprodukte auf dem Graustromterminmarkt der Börse EEX. Eingerechnet werden Abschläge für das technologie- und standortspezifische Einspeiseprofil sowie für die energiewirtschaftliche Abwicklung und Risikoprämie. Zuschläge erfolgen auf die aktuelle Preisbandbreite für Herkunftsnachweise (HKN).

Bestandteile von PPAs

Typische Regelungsbereiche von PPA-Verträgen sind

  • Umfang der Belieferung
  • Regelung der Erzeugungsunterbrechung
  • Preisregelung + Preisanpassungsregelungen
  • Vertragsbeginn und Vertragslaufzeit
  • Regenerative Qualität und Handelbarkeit des ökologischen Mehrwerts (Grünstromzertifikate)
  • Versicherung und Sicherheiten

Für wen eignet sich das PPA-Modell?

Windenergieanlage Sonnenaufgang am MaisfeldGenerell ist das PPA-Modell insbesondere für kleinere Betreibergesellschaften oder Einzelbetreiber schwer umzusetzen. Es ist kompliziert, das optimale Konzept zu finden zwischen bestmöglicher Sicherheit und maximalen Erlösen. Die fluktuierende Erzeugung bringt Abschläge mit sich gegenüber konstanter Einspeisung und der Verkäufer muss häufig gewisse Verfügbarkeiten garantieren. Zudem sind PPAs komplex und erfordern hohen Zeitaufwand. Es sind fundierte Kenntnisse von den Vertragswerken als auch den Ausgestaltungen notwendig. Hinzu kommen aufwändige Absprachen zwischen allen Beteiligten. Ein Einzelbetreiber oder Erzeuger mit wenigen Anlagen ist mit diesen Dingen vielfach überfordert, sodass sich das Modell sicherlich eher für großer Betreibergesellschaften eignet.

Anstieg von PPAs GrafikEs ist aber zu erwarten, dass die Anzahl an PPA-Verträge auch in Deutschland erheblich steigen wird. Gerade Industrieunternehmen haben Interesse an langfristigen gesicherten Verträgen für grünen Stromeinkauf, um Grünstromzertifikate zu generieren. Bei einem weiteren Anstieg der CO²-Zertifikate wird sich das Interesse an PPA-Verträgen vermutlich potenzieren. Eventuell wird dann auf Dauer auch kein EEG mehr erforderlich sein. Dazu bedarf es aber noch vieler gesetzlicher Regelungen.

Porträt Jessica Nonn

Die Autorin:

Jessica Nonn gehört seit 2019 zum Team von EVK. Die ausgebildete Kauffrau für Versicherungen und Finanzen (IHK) hat 2021 ihren technischen Underwriter (DVA) erfolgreich abgeschlossen und betreut in der Abteilung Erneuerbare Energien vorrangig Betreiber von Windenergieanlagen und Windparks.

02938/9780-12, nonn@evk-oberense.de