Betreiber vor einer Altanlage

Altes Eisen? Sicher und rentabel muss die Altanlage sein

veröffentlicht um 7:00 am 16. September 2019

Dem Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) nach Ablauf des Vollwartungsvertrages und über ihr 20. Lebensjahr hinaus, gehen oft komplexe Überlegungen und Maßnahmen voraus. Unabhängig vom notwendigen Klimaschutz bleibt ein Kraftwerk ein Wirtschaftsunternehmen. Wenn Sie sich vor oder mitten im Entscheidungsprozess befinden, sollten Sie in punkto Versicherungsschutz für Ihre Altanlage unsere vier nachfolgenden Tipps beherzigen.

Tipp 1: Beachten Sie Ihre Anzeigepflicht!

Wenn sich Leistung und Umfang Ihres Vollwartungsvertrages ändern – und das ist bei Betrieb einer WEA 20+ spätestens der Fall – so müssen Sie dies bei Ihrem Versicherer zum bestehenden Maschinen- oder Maschinenbetriebsunterbrechungs-Vertrag melden. Denn es entsteht eine neue Risikosituation (Gefahrerhöhung für den Versicherer), die im eigentlichen Versicherungsvertrag berücksichtigt werden muss. Nicht ohne Grund, denn insbesondere für Großkomponenten werden innere Betriebsschäden beispielsweise bei Altanlagen nicht mehr vom Vollwartungsvertrag übernommen. Genauso bestehen keine umfangreichen Verfügbarkeitsgarantien mehr. Teilweise wird das Bestehen des vereinbarten Vollwartungsvertrags im Schadenfall sogar als zwingende Voraussetzung angesehen, um überhaupt eine Auszahlung zu prüfen. Um hohe Reparaturen und Ertragsausfälle auf eigene Kosten zu vermeiden, kontaktieren Sie noch vor Ablauf des Vollwartungsvertrags oder vor Ende des 20. Betriebsjahres Ihren Versicherer. Das ist gleichzeitig eine gute Gelegenheit, um die künftige Vertragsgestaltung zu besprechen.

Tipp 2: Lassen Sie rechtzeitig den technischen Zustand Ihrer Altanlage prüfen!

Windenergieanlagen differieren hinsichtlich ihrer Infrastruktur und ihrem Lebenslauf. Deswegen sollte der technische Zustand einer WEA, die aus einem Vollwartungsvertrag herausgelöst bzw. länger als 20 Jahre betrieben werden soll, unbedingt von einem unabhängigen Gutachter untersucht und bewertet werden. Ansonsten wird sich nur schwer ein Anbieter für eine adäquate Versicherung finden lassen – egal ob Sie eine Maschinen- oder Maschinen-BU-Versicherung als Kasko- oder als Vollschutzdeckung anstreben.Arbeiter bei der Wartung einer Altanlage

Es hängt vom künftigen Umfang des Versicherungsvertrages ab, welche Unterlagen der Versicherer im konkreten Fall einfordert. Die Kaskodeckung beispielsweise versichert Gefahren, die unvorhergesehen von außen auf die WEA und ihre Infrastruktur einwirken wie Blitzschlag oder Brand. Hierfür müssen Sie offizielle Prüfunterlagen zu den Rotorblättern inklusive einer Blitzdurchgangsmessung vorlegen. Die Vollschutzdeckung deckt darüber hinaus unvorhergesehen eintretende innere Betriebs- und Bruchschäden (z.B. Kurzschluss Generatorwicklung) ab. Sie erfordert Nachweise über den Komplettzustand der WEA und der Großkomponenten (ZOP nach BWE-Richtlinien). Welcher Versicherungsumfang überhaupt angeboten werden kann, hängt u. a. vom technischen Zustand der WEA und von der Vorschadenhistorie (Versicherungspolice) ab. WEA, die älter als 20 Jahre und damit am Ende ihrer Entwurfslebensdauer sind, benötigen zudem eine positive Bewertung über den Weiterbetrieb (Standsicherheitsgutachten nach DIBt).

Tipp 3: Beseitigen Sie Schäden an Altanlagen vorab!

Liegen an Ihrer WEA bekannte Schäden oder Mängel vor, sollten diese mit Beendigung des bisherigen Vollwartungsvertrags beseitigt sein. Im Falle eines auslaufenden Vollwartungsvertrags muss ihre Behebung – ohne Anspruch auf abschließende juristische Beurteilung – mindestens innerhalb einer Restlaufzeit zum Vollwartungsvertrag angemeldet werden.Arbeiter auf einer Altanlage zur Beseitigung von Schäden

Egal, ob Sie sich für eine Kasko- oder eine Vollschutzdeckung entscheiden, in beiden Fällen müssen Beschädigungen oder Zerstörungen an den versicherten WEA und ihrer Infrastruktur immer unvorhergesehen eingetreten sein, um Versicherungsschutz erhalten zu können. Der zu versichernde Ertragsausfall teilt dabei das Schicksal des Sachschadens. Sachschäden bis zu einer festgelegten Summe verbleiben über die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung beim Betreiber. Das Gleiche gilt für Ertragsausfälle über einen vereinbarten Zeitrahmen, der als zeitlicher Selbstbehalt definiert ist.

Tipp 4: Prüfen Sie die Versicherungsbedingungen genau!

Schauen Sie nicht nur auf den Versicherungsbeitrag. Sonst laufen Sie Gefahr von hohen Reparaturen und Ertragsausfällen auf eigene Kosten überrascht zu werden. Achten Sie unbedingt darauf, welche Zahlungen aus dem Versicherungsvertrag im Falle eines Schadens zu erwarten sind. Versicherungsbedingungen enthalten oft alters- und abnutzungsbedingte Abschreibungen, das ist normal für eine Maschinenversicherung. Die Ausgestaltung beeinflusst jedoch die Höhe der Entschädigungsleistung. So wird das Alter einer Komponente beispielsweise am Zeitpunkt ihres Einbaus oder ihres Austausches bemessen. Hier können in den Versicherungsbedingungen zum einen die festgeschriebene Höhe der jährlichen sowie der maximalen Abschreibungsquote einen großen Unterschied machen. 10 Prozent jährliche Abschreibung und eine nicht gedeckelte Maximalabschreibung sind sicherlich nicht mehr marktaktuell. Achten Sie unbedingt auf die Details: Übernimmt der Versicherer im Falle eines Schadens alle Aufwendungen des Betreibers? Wie sind die Kosten geregelt, die über die Wiederherstellung hinausgehen; z.B. Aufräumungs- oder Entsorgungskosten? Wer zahlt den Gutachter für den Schadennachweis?

Bei der Versicherung von Altanlagen gibt es viele Detailfragen zu erklären. Wir helfen Ihnen gerne weiter. Denn wir sind selbst Betreiber von Altanlagen und  verfügen über langjährige Erfahrung, ein leistungsstarkes Altanlagenkonzept und über eigene Schadeningenieure. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. 

Zu diesem Thema haben wir auch einen Fachbeitrag für die  Zeitschrift Erneuerbare Energien verfasst.

Britta Boller EVK Erneuerbare Energien Windenergie

Die Autorin:

Britta Boller ist gelernte Versicherungskauffrau (IHK) und betreut beim EVK Betreiber von Windenergieanlagen. Vor ihrem Wechsel zu EVK im Jahr 2018 war die Versicherungsexpertin 16 Jahre lang bei einem Inhouse-Broker für die Absicherung von nationalen und internationalen Flughäfen zuständig.

02938/9780-25, boller@evk-oberense.de